Ich war mal wieder im Ikea, semifreiwillig. Allein die große Treppe am Eingang schreckt eigentlich schon ab (auf der könnte man locker vierstündige Wagner-Opern aufführen). Man muss sich die erste Etage wirklich redlich verdienen, Stufe für Stufe. Vielleicht will einem diese Treppe auch nur sagen: "wenn Du hier schon stöhnst, dann gehe lieber gleich wieder nach Hause!"
Ich habe nicht auf die Treppe gehört und inhalierte direkt zu Beginn die volle Packung Billy und Flärke. Glücklicherweise werden aber alle zu verkaufenden Möbel gut eingepackt, so dass sich der fabrikneue Formaldehydduft auch zuhause lange hält. Anders wäre der Aufbau des neu erstandenen Wohndesigns auch kaum zu ertragen, als im komplett bekifften Zustand.
Und vielleicht mal ein Wort an alle Frauen: Anfängliche Begeisterung von Männern für Wohndesign kann schnell durch die Begutachtung jeder einzelnen Wohnnische im Keim erstickt werden. Mann muss nicht alle Wohnrauminstallationen begehen und anfassen, um einen Produktüberblick zu erhalten. Zügiges Durchschreiten durch die immer länger werdende, Ikeaeigene Wanderroute ist unerlässlich. Das Aufreißen lassen von Wandergruppen ist auch bei zweiköpfigen Shoppingteams nicht zu empfehlen. Und häuslicher Streit ist durchaus vermeidbar, wenn frau auch mal zum Verzicht von Någon oder Emalj bereit ist. Im Prinzip könnte es uns ja echt total egal sein, denn im allgemeinen staubt frau das ja alles zuhause ab. Aber selbst die größte Wohnung hat nur ein begrenztes Fassungsvermögen.
Wie bei jeder Tour gibt es auch hier Halbzeiten und Pausen, gekonnt eingelegt beim Ikearestaurant. Auf die Karte zu schauen ist überflüssig, denn so schnell wie jedes Jahr neue Wohnideen auf die Kundin losgelassen werden, so abwechslungsarm ist die Speisevielfalt im ersten Stock mit Fernblick (also in Freiburg zumindest, da kann man Schwarzwald gucken beim Essen). Aber schwedischer Lachs ist fast immer essbar, auch wenn Fischgerichte im Allgemeinen anders aussehen.
Wieder im Rennen und mit vollem Magen geht es in die Abteilungen, in der niemals irgendeine Frau ohne raus kommt! Kleinkram, Utensilien und Deko! Aber dem Mann wird ein Hilfsmittel zur Verfügung gestellt, das Halt gibt: der Einkaufswagen. Diesmal habe ich übrigens herausgefunden, dass die Ikea-Einkaufswägen auch surftauglich sind. Wie das geht? Also: zuerst nach einer geraden und Kampfshopperinnen-freien Teilstrecke suchen. Diese anpeilen und mit mit leicht gebeugten Armen den Wagen vor sich schieben bzw. dann sehr schnell Anlauf nehmen. Auf der Hälfte der Rennstrecke aufspringen und zwar nur mit den Armen sich steif abstützend die Füße 2 bis 10 cm über dem Boden fliegen lassen. Macht höllisch Laune, auch wenn man sich sehr viele ungläubige Blicke einfängt.
Nach der Grünpflanzenabteilung (die man auch nie ohne verlässt!) ist dann das Ende abzusehen, die Stappelregale mit den vielen Kartons stellen fortkommenstechnisch kein Problem mehr da. In der Ferne sind die Kassen schon sichtbar. Gefährlich werden kann jetzt nur noch die so genannte Fundgrube. Unmittelbar vor den Kassen soll so noch der letzte Ladenhüter mit Ecken und Flecken an den Kunden gebracht werden.
Auf dem Parkplatz angekommen reicht eigentlich der Stauraum des Autos selten aus, aber irgendwie klappt es doch immer. Man zieht die Tür zu, dreht den Zündschlüssel um und denkt "wow, ... geschafft!!" In diesem Moment verdrängt man wohl nur sehr erfolgreich, dass es anschließend zuhause erst richtig losgeht. Aber im überlebensnotwendigen Verdrängen sind Männer ja schon immer sehr gut gewesen.