Bereits am Vortag habe ich schon mal mit einem Kollegen die Strategie besprochen: wann muss man dort sein, wie wehrt man sich gegen die Gehstöcke der älteren Generation, hat man überhaupt eine Chance das gewünschte Gerät zu bekommen und wann macht Aldi eigentlich auf? Auf der Website steht zu all diesen Fragen jedenfalls keine Information (Also wenn ich diesen Senior Projektmanager der Website in die Finger bekomme... ok,... anderes Thema).
Ein paar Tage zuvor hatte Heise über ein 6fach Lesegerät berichtet, was am heutigen Donnerstag bei Aldi Süd für ca. 14 Euro verkauft werden soll. Klasse Teil, brauche ich sogar, könnte mir 'ne Menge Zeit sparen beim Laden von Bildern meiner digitalen Kamera. Eine Solche sollte ebenfalls im heutigen Angebot von Aldi offeriert werden.
Mein Kollege schickte Dad ins Rennen, ein sehr geschickter und cleverer Schachzug. Ich gab mich mir selbst gegenüber einfach gelassen "entweder klappt's oder eben auch nicht, dann soll es halt nicht sein." Zugegeben, ich habe mich selbst mit dieser vorgespielten Gelassenheit nicht so recht überzeugen können, fand aber dennoch die Nacht zuvor ein paar Stunden Schlaf.
"Bist'de um 8.30 da, ist das sicher eine optimaler Zeitpunkt" dachte ich so in meinem jugendlichen Leichtsinn. Was mich aber bereits bei der Einfahrt auf den Parkplatz ins Grübeln brachte, war die Vielzahl von Fahrzeugen, die auf eben jenem geteerten Vorplatz zeitgleich mit mir vorfuhren. Naja, die kaufen sicher nur Milch und Gemüse. Und dann doch der erste Schock, die ausgewählte Filiale von Aldi-Süd hatte noch gar nicht auf, sondern ich stieß auf eine Gruppe von min. 20 shoppingerprobten Aldianern, die mit Wagen und Handtasche ihr kleines Revier vor der Eingangstür verteidigten. ... Ne ist mir zu blöd, geh' erst mal direkt nebenan bei Edeka einkaufen.
Punkt 9.02 betrat ich dann anschließend das Innere des Zielobjekt, doch mindestens 500 Menschen müssen das bereits die zwei vorangegangenen Minuten vor mir getan haben. Der Aldi war arschvoll. Aber groß gewachsen und tapfer den älteren Damen nicht in die gierigen Augen schauend, bahnte ich mir meinen Weg in die Non Food Abteilung. Soviel wusste ich, die sind immer irgendwie hinten im Laden. Aber ausgerechnet hier schien dann doch bedauerlicherweise das Zentrum der Extremshoppingaktivitäten um nicht zu sagen Kampfhandlungen zu sein.
Mindestens fünfzig Frauen mittleren Alters, also ab 25 bis 50+ standen in gestaffelter Zweierreihenkampfformation um zwei Warentische, die von mir sehr schnell dank meines erhöhten Ausblicks als Textilangebot identifiziert wurde. Im näheren Umkreis dieses Jogginghosen und Schlafjäckchenangebotes gab es kaum ein Durchkommen, Einkaufswägen drängelten sich kreuz und quer um die schwer bepackten Frauen. Männer, auf diesem Terrain und speziell in diesem Sektor in deutlicher Unterzahl, machten dabei einen eher hilflosen Eindruck, entweder in Rente beschäftigungslos und nur zum gucken hier, oder als Sherpa von der eigenen Ehefrau angeheuert. Und einige Männer irrten einfach nur verwirrt durch die Gänge, so auch ich.
Plötzlich bei einem Fastzusammenprall beim hektischen Suchen nach dem gewünschten Artikel fiel mir auf, das die knapp Angerempelte eine ehemalige Kollegin ist, die ich bestimmt zwei Jahre nicht mehr gesehen habe. "Hi!" rief ich fast schreiend, denn anders wäre meine akustische Botschaft sicher kaum zu Ihr vorgedrungen. "Hallo Axel, wie geht's denn?" "Gut, Weißt Du wo die digitalen Lesegeräte sind?" ... Ja, ja ich weiß, ich weiß, manchmal kann ich mich und meinen unglaublichen Charme einfach nicht bremsen. "Ja, da vorne direkt an der Kasse, ich habe mir auch schon eine digitale Kamera zurücklegen lassen!" In diesem Satz erkannte ich doch direkt die Aldianerin, erfahren, ausdauern und einfach professionell in der Beschaffung. "Ah super," sagte ich, "und wie geht's?" Naja, soviel Zeit muss dann ja sein, man hat ja Anstand gegenüber einer Lady. "Gut, ich..." "Schön,...Du ich muss dringend weiter, da vorne an die Kasse, ciao!" "ja, tschüss!".
So hatte ich also die Fährte aufgenommen, ich leckte Blut, jetzt gehörst Du mir, du kleines, feines Ladegerät. Ich stellte mich an der Kasse an, doch da beunruhigten mich ein paar Aldi-unübliche Männer, so im mittleren Alter, die ganz hektisch alles absuchten. Man sah sofort: der da vorne sucht eine Spur. Jetzt konnte es noch eng werden, der nahende Showdown war wohl unausweichlich. Jetzt lasse ich mir dieses Gerät aber nicht mehr entgehen und wenn Du Knilch, und Du da und,...verdammt sind hier plötzlich viele Männer. Können die da vorne nicht schneller bezahlen? Man, das zieht sich hier an der Kasse aber auch hin! Dieses blöde Murphysche Gesetz: an Deiner Kasse dauert es immer am Längsten! Und da sehe ich sie schon, kleine rechteckige Kartons. Direkt an der Kasse. Eine Kasse weiter wird noch eine Frau von einer Kassiererin angeschissen, weil sie so einen Karton für die digitale Kamera mit nach hinten in die Warteschlange trägt. Richtig so, denke ich mir, nur druff. Nur wer vorne ist kriegt eine!
Und dann der erlösende Satz von mir zur Kassentippse: "Ich hätte gerne dieses Kartenlesegerät!" Jetzt ging alles sehr schnell, Aldianisch-schnell.... da muss man schon trainiert sein. Ware gescannt, Karton gegriffen, Preis auf dem Display, 20 Euro hingehalten und schon hatte ich auch direkt das Wechselgeld in der Hand. Also in dieser Hinsicht sind die Aldikassiererinnen rekordverdächtig. Schnell noch den wichtigen Schritt von der Kasse weg, denn da verstehen die Kassiererinnen hier echt keinen Spass und rüber zu dem Brett an der Wand, also wo man alles abstellen kann. Gibt es in jedem Aldi, ist die Basisausstattung. Schlüssel aus der Jacke gezogen, Klebestreifen durchgeschnitten und aufgemacht:" Ups ist das aber klein!"
Es folgte der adrenalinsenkende Teil. Ich wollte nun doch nicht wie ein Bauer weglatschen und wartete auf meine ehemalige Kollegin. OK, nicht ganz uneigennützig, denn ich musste unbedingt ihre neue Digitalkamera auspacken. Meine Blicke schweiften über die Menschenmengen an den Kassen, die endlosen Schlangen und die hektischen "Einkaufswagen umdrehen und sofort alles reinwerfen"- Operationen unter dem vermutlich zeitmessenden Blicken der Kassiererin. Und da kam ich zu einer mir vorher nie denkbaren Einsicht: Bei Aldi kaufen ja auch schöne Frauen ein!
Ok, von diesen schönen Frauen hat mich dann keine beachtet, ob es an mir lag oder an den ihnen selbst peinlichen Klamotten, die sie im Aldi erstand, kann ich an dieser Stelle nicht mit Gewissheit sagen. Da kam dann endlich meine Ex-Kollegin und ich zerrte Ihren Einkaufswagen gleich mit ins Freie. "Los Kamera auspacken!" Das "OK!" kam fast schon dankbar, denn da gab es in mir dann wohl einen Menschen, der diese vielen Teile zusammensteckt, damit die Kamera es auch tut. "Bist ja auch so ein Computerfreak!" Wie ich diesen Satz hasse!
Testurteil der Kamera: naja, hauptsächlich frage ich mich, ob die extrem spiegelnde Abdeckung des Objektivs in Anbetracht des Frauenanteils bei den Aldieinkäuferinnen nicht bewusst so gewählt wurde um auch als Schminkspiegel eingesetzt zu werden. Nach dem ersten Testfoto, welches ich von der glücklichen, neuen Besitzerin mit Ihrer Kamera machte, verabschiedete ich mich dann brav und trug meine neue Errungenschaft nach Hause. Und das 6fach Kartenlesegerät funktionierte auf Anhieb. Aber Aldianern bin ich heute trotzdem nicht geworden.