Dass ich mal sowas haben werde, hätte ich nie gedacht, eine Stammkneipe. Sowas verband ich immer mit älteren Herren, dem obligatorischen, gusseisernen Schild "Stammtisch" und sehr gewöhnungsbedürftigen Begrüßungsritualen. Und nun sitzt ich auch am Stammtisch, MAHLZEIT, klopf, klopf!
Aber stopp! Da gibt es dann doch ein paar kleine, aber feine Unterschiede. Zum einen sind alle Anwesenden jung und knackig. Außerdem geschlechtlich, kulturell und national bunt gemischt. Den Wirt kenne ich auch nicht mit Vornamen, obwohl das vermutlich der erste Namen sein wird, denn er mir nennt, falls ich ihn danach fragen werde. Und an den Tisch wird ja schon mal garnichts gebracht. Alles muss man sich selbst an der Theke holen und auf die Gläser Pfand zahlen. Und der Tisch, falls man Nieren-, Sofa- und Coachtische als Tisch durchgehen lässt, ist auch nicht immer der gleiche. Kulinarisch ist ein heißes Würstchen mit Brot das Highlight, aber ich habe noch nie irgendjemand dort was essen gesehen. Es ist verraucht und laut, das einzige Dekoelement an den Wänden ist eine blaue Lichtschlauchkette, die da aber auch eher wie von der letzten Party vergessen, gelangweilt rumhängt.
Ja und heute gehe ich da wieder hin, in meine Stammkneipe. Ich freu mich, die Leute zu sehen, abzuhängen, relaxen und einfach mich treiben zu lassen. Und das Pfand werde ich auch diesmal wieder vergessen und nicht holen, aber das ist dann eigentlich auch total egal.